Anhang 6
Allgemeine Verwaltungsvorschrift für die Betriebsprüfung
- Betriebsprüfungsordnung - (BpO 2000)
vom 15.3.2000
(BStBl I S. 358)
geändert durch die Verwaltungsvorschrift vom
11.12.2001 (BStBl I S. 984)
- Auszug -
I. Allgemeine Vorschriften
§ 1
Anwendungsbereich der Betriebsprüfungsordnung
(1) Diese Verwaltungsvorschrift gilt für Außenprüfungen der
Landesfinanzbehörden und des Bundesamtes für Finanzen1
.
(2) Für besondere Außenprüfungen der Landesfinanzbehörden und
des Bundesamtes für Finanzen2 (z. B. Lohnsteueraußenprüfung und Umsatzsteuersonderprüfung)
sind die §§ 5 bis 12, 20 bis 24, 29 und 30 mit Ausnahme des § 5 Abs.
4 Satz 2 sinngemäß anzuwenden.
§ 2
Aufgaben der Betriebsprüfungsstellen
(1) Zweck der Außenprüfung ist die Ermittlung und Beurteilung
der steuerlich bedeutsamen Sachverhalte, um die Gleichmäßigkeit der
Besteuerung sicherzustellen (§§ 85, 199 Abs. 1 AO). Bei der Anordnung
und Durchführung von Prüfungsmaßnahmen sind im Rahmen der Ermessensausübung
die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit der Mittel und des geringstmöglichen
Eingriffs zu beachten.
(2) Den Betriebsprüfungsstellen können auch Außenprüfungen im
Sinne des § 193 Abs. 2 AO, Sonderprüfungen sowie andere Tätigkeiten
mit Prüfungscharakter, z. B. Liquiditätsprüfungen, übertragen werden;
dies gilt nicht für Steuerfahndungsprüfungen.
(3) Die Finanzbehörde entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen,
ob und wann eine Außenprüfung durchgeführt wird. Dies gilt auch, wenn
der Steuerpflichtige eine baldige Außenprüfung begehrt.
§ 3
Größenklassen
Steuerpflichtige, die der Außenprüfung unterliegen, werden in
die Größenklassen
- Großbetriebe (G)
- Mittelbetriebe (M)
- Kleinbetriebe (K) und
- Kleinstbetriebe (Kst)
eingeordnet. Der Stichtag, der maßgebende Besteuerungszeitraum
und die Merkmale für diese Einordnung werden jeweils von den obersten
Finanzbehörden der Länder im Benehmen mit dem Bundesministerium der
Finanzen festgelegt.
II. Durchführung der Außenprüfung
§ 4
Umfang der Außenprüfung
(1) Die Finanzbehörde bestimmt den Umfang der Außenprüfung nach
pflichtgemäßem Ermessen.
(2) Bei Großbetrieben und Unternehmen im Sinne der §§ 13 und
19 soll der Prüfungszeitraum an den vorhergehenden Prüfungszeitraum
anschließen. Eine Anschlussprüfung ist auch in den Fällen des § 18
möglich.
(3) Bei anderen Betrieben soll der Prüfungszeitraum in der Regel
nicht mehr als drei zusammenhängende Besteuerungszeiträume umfassen.
Der Prüfungszeitraum kann insbesondere dann drei Besteuerungszeiträume
übersteigen, wenn mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen
zu rechnen ist oder wenn der Verdacht einer Steuerstraftat oder einer
Steuerordnungswidrigkeit besteht. Anschlussprüfungen sind zulässig.
(4) Für die Entscheidung, ob ein Betrieb nach Absatz 2 oder
Absatz 3 geprüft wird, ist grundsätzlich die Größenklasse maßgebend,
in die der Betrieb im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Prüfungsanordnung
eingeordnet ist.
(5) Hält die Finanzbehörde eine umfassende Ermittlung der steuerlichen
Verhältnisse im Einzelfall nicht für erforderlich, kann sie eine abgekürzte
Außenprüfung (§ 203 AO) durchführen. Diese beschränkt sich auf die
Prüfung einzelner Besteuerungsgrundlagen eines Besteuerungszeitraums
oder mehrerer Besteuerungszeiträume.
§ 5
Anordnung der Außenprüfung
(1) Die für die Besteuerung zuständige Finanzbehörde ordnet
die Außenprüfung an. Die Befugnis zur Anordnung kann auch der beauftragten
Finanzbehörde übertragen werden.
(2) Die Prüfungsanordnung hat die Rechtsgrundlagen der Außenprüfung,
die zu prüfenden Steuerarten, Steuervergütungen, Prämien, Zulagen,
ggf. zu prüfende bestimmte Sachverhalte sowie den Prüfungszeitraum
zu enthalten. Ihr sind Hinweise auf die wesentlichen Rechte und Pflichten
des Steuerpflichtigen bei der Außenprüfung beizufügen. Die Mitteilung
über den voraussichtlichen Beginn und die Festlegung des Ortes der
Außenprüfung kann mit der Prüfungsanordnung verbunden werden. Handelt
es sich um eine abgekürzte Außenprüfung nach § 203 AO, ist die Prüfungsanordnung
um diese Rechtsgrundlage zu ergänzen. Soll der Umfang einer Außenprüfung
nachträglich erweitert werden, ist eine ergänzende Prüfungsanordnung
zu erlassen.
(3) Der Name des Betriebsprüfers, eines Betriebsprüfungshelfers
und andere prüfungsleitende Bestimmungen können in die Prüfungsanordnung
aufgenommen werden.
(4) Die Prüfungsanordnung und die Mitteilungen nach den Absätzen
2 und 3 sind dem Steuerpflichtigen angemessene Zeit vor Beginn der
Prüfung bekanntzugeben, wenn der Prüfungszweck dadurch nicht gefährdet
wird. In der Regel sind bei Großbetrieben 4 Wochen und in anderen
Fällen 2 Wochen angemessen.
(5) Wird beantragt, den Prüfungsbeginn zu verlegen, können als
wichtige Gründe z. B. Erkrankung des Steuerpflichtigen, seines steuerlichen
Beraters oder eines für Auskünfte maßgeblichen Betriebsangehörigen,
beträchtliche Betriebsstörungen durch Umbau oder höhere Gewalt anerkannt
werden. Dem Antrag des Steuerpflichtigen kann auch unter Auflage,
z. B. Erledigung von Vorbereitungsarbeiten für die Prüfung, stattgegeben
werden.
(6) Werden die steuerlichen Verhältnisse von
Gesellschaftern und Mitgliedern sowie von Mitgliedern der Überwachungsorgane
in die Außenprüfung einbezogen, so ist für jeden
Beteiligten eine Prüfungsanordnung unter Beachtung der Voraussetzungen
des § 193 AO zu erteilen.
§ 6
Ort der Außenprüfung
Die Außenprüfung ist in den Geschäftsräumen des Steuerpflichtigen
durchzuführen. Ist ein geeigneter Geschäftsraum nachweislich nicht
vorhanden und kann die Außenprüfung nicht in den Wohnräumen des Steuerpflichtigen
stattfinden, ist an Amtsstelle zu prüfen (§ 200 Abs. 2 AO). Ein anderer
Prüfungsort kommt nur ausnahmsweise in Betracht.
§ 7
Prüfungsgrundsätze
Die Außenprüfung ist auf das Wesentliche abzustellen. Ihre Dauer
ist auf das notwendige Maß zu beschränken. Sie hat sich in erster
Linie auf solche Sachverhalte zu erstrecken, die zu endgültigen Steuerausfällen
oder Steuererstattungen oder -vergütungen oder zu nicht unbedeutenden
Gewinnverlagerungen führen können.
§ 8
Mitwirkungspflichten
(1) Der Steuerpflichtige ist zu Beginn der Prüfung darauf hinzuweisen,
dass er Auskunftspersonen benennen kann. Ihre Namen sind aktenkundig
zu machen. Die Auskunfts- und sonstigen Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen
erlöschen nicht mit der Benennung von Auskunftspersonen.
(2) Der Betriebsprüfer darf im Rahmen seiner Ermittlungsbefugnisse
unter den Voraussetzungen des § 200 Abs. 1 Sätze 3 und 4 AO auch Betriebsangehörige
um Auskunft ersuchen, die nicht als Auskunftspersonen benannt worden
sind.
(3) Die Vorlage von Büchern, Aufzeichnungen, Geschäftspapieren
und anderen Unterlagen, die nicht unmittelbar den Prüfungszeitraum
betreffen, kann ohne Erweiterung des Prüfungszeitraums verlangt werden,
wenn dies zur Feststellung von Sachverhalten des Prüfungszeitraums
für erforderlich gehalten wird.
§ 9
Kontrollmitteilungen
Feststellungen, die nach § 194 Abs. 3 AO für die Besteuerung
anderer Steuerpflichtiger ausgewertet werden können, sollen der zuständigen
Finanzbehörde mitgeteilt werden. Kontrollmaterial über Auslandsbeziehungen
ist auch dem Bundesamt für Finanzen 3 zur Auswertung zu übersenden.
§ 10
Verdacht einer Steuerstraftat oder -ordnungswidrigkeit
(1) Ergeben sich während einer Außenprüfung zureichende tatsächliche
Anhaltspunkte für eine Straftat (§ 152 Abs. 2 StPO), deren Ermittlung
der Finanzbehörde obliegt, so ist die für die Bearbeitung dieser Straftat
zuständige Stelle unverzüglich zu unterrichten. Dies gilt auch, wenn
lediglich die Möglichkeit besteht, dass ein Strafverfahren durchgeführt
werden muss. Richtet sich der Verdacht gegen den Steuerpflichtigen,
dürfen hinsichtlich des Sachverhalts, auf den sich der Verdacht bezieht,
die Ermittlungen (§ 194 AO) bei ihm erst fortgesetzt werden, wenn
ihm die Einleitung des Strafverfahrens mitgeteilt worden ist. Der
Steuerpflichtige ist dabei, soweit die Feststellungen auch für Zwecke
des Strafverfahrens verwendet werden können, darüber zu belehren,
dass seine Mitwirkung im Besteuerungsverfahren nicht mehr erzwungen
werden kann (§ 393 Abs. 1 AO). Die Belehrung ist unter Angabe von
Datum und Uhrzeit aktenkundig zu machen und auf Verlangen schriftlich
zu bestätigen (§ 397 Abs. 2 AO).
(2) Absatz 1 gilt beim Verdacht einer Ordnungswidrigkeit sinngemäß.
§ 11
Schlussbesprechung
(1) Findet eine Schlussbesprechung statt, so sind die Besprechungspunkte
und der Termin der Schlussbesprechung dem Steuerpflichtigen angemessene
Zeit vor der Besprechung bekanntzugeben. Diese Bekanntgabe bedarf
nicht der Schriftform.
(2) Hinweise nach § 201 Abs. 2 AO sind aktenkundig zu machen.
§ 12
Prüfungsbericht und Auswertung der Prüfungsfeststellungen
(1) Wenn zu einem Sachverhalt mit einem Rechtsbehelf oder mit
einem Antrag auf verbindliche Zusage zu rechnen ist, soll der Sachverhalt
umfassend im Prüfungsbericht dargestellt werden.
(2) Ist bei der Auswertung des Prüfungsberichts oder im Rechtsbehelfsverfahren
beabsichtigt, von den Feststellungen der Außenprüfung wesentlich abzuweichen,
so ist der Betriebsprüfungsstelle Gelegenheit zur Stellungnahme zu
geben. Dies gilt auch für die Erörterung des Sach- und Rechtsstandes
gemäß § 364 a AO. Bei wesentlichen Abweichungen zuungunsten des Steuerpflichtigen
soll auch diesem Gelegenheit gegeben werden, sich hierzu zu äußern.
(3) In dem durch die Prüfungsanordnung vorgegebenen Rahmen muss
die Außenprüfung entweder durch Steuerfestsetzung oder durch Mitteilung
über eine ergebnislose Prüfung abgeschlossen werden.
IV. Mitwirkung des Bundes an Außenprüfungen der
Landesfinanzbehörden
§ 20
Art der Mitwirkung
(1) Das Bundesamt für Finanzen4 wirkt an Außenprüfungen der Landesfinanzbehörden durch
Prüfungstätigkeit und Beteiligung an Besprechungen mit.
(2) Art und Umfang der Mitwirkung werden jeweils von den beteiligten
Behörden im gegenseitigen Einvernehmen festgelegt.
(3) Die Landesfinanzbehörde bestimmt den für den Ablauf der
Außenprüfung verantwortlichen Prüfer.
§ 21
Auswahl der Betriebe und Unterrichtung
über die vorgesehene
Mitwirkung
(1) Die Landesfinanzbehörden stellen dem Bundesamt für Finanzen5 die Prüfungsgeschäftspläne für Großbetriebe spätestens
10 Tage vor dem Beginn des Zeitraums, für den sie aufgestellt worden
sind, zur Verfügung. Betriebe, bei deren Prüfung eine Mitwirkung des
Bundesamtes für Finanzen6 von den Landesfinanzbehörden für zweckmäßig gehalten wird,
sollen kenntlich gemacht werden. Das Bundesamt für Finanzen7 teilt den Landesfinanzbehörden unverzüglich die Betriebe
mit, an deren Prüfung es mitwirken will.
(2) Sobald die Landesfinanzbehörde den Prüfungsbeginn mitgeteilt
hat, wird sie vom Bundesamt für Finanzen8 über die vorgesehene Mitwirkung unterrichtet.
§ 22
Mitwirkung durch Prüfungstätigkeit
(1) Wirkt das Bundesamt für Finanzen9 durch Prüfungstätigkeit mit, so hat der Bundesbetriebsprüfer
regelmäßig in sich geschlossene Prüfungsfelder zu übernehmen und diesen
Teil des Prüfungsberichts zu entwerfen. Der Prüfungsstoff wird im
gegenseitigen Einvernehmen auf die beteiligten Betriebsprüfer aufgeteilt.
(2) Hat das Bundesamt für Finanzen10 an einer Außenprüfung mitgewirkt, so erhält es eine Ausfertigung
des Prüfungsberichts.
§ 23
Auswertung der Prüfungsfeststellungen
§ 12 Abs. 2 gilt entsprechend, soweit das Bundesamt für Finanzen11 an der Prüfung mitgewirkt hat.
§ 24
Verfahren bei Meinungsverschiedenheiten
zwischen dem Bundesamt für Finanzen
12
und der Landesfinanzbehörde
Soweit Meinungsverschiedenheiten, die sich bei der Mitwirkung
an Außenprüfungen zwischen dem Bundesamt für Finanzen13 und der Landesfinanzbehörde ergeben, von den Beteiligten
nicht ausgeräumt werden können, ist den obersten Finanzbehörden des
Bundes und des Landes zu berichten und die Entscheidung abzuwarten.
§ 29
Prüferausweis
Für Sachgebietsleiter für Betriebsprüfung und Betriebsprüfer
sind Ausweise auszustellen. Der Ausweis soll enthalten:
- Bezeichnung der ausstellenden Finanzbehörde
- Ort und Datum der Ausstellung
- laufende Nummer
- Funktionsbezeichnung (Betriebsprüfer, Sachgebietsleiter)
- Vor- und Zuname
- Gültigkeitsdauer
- Lichtbild mit Dienststempel und eigenhändiger Unterschrift
- Befugnisse des Inhabers
- Unterschrift und Amts- oder Dienstbezeichnung des zur Ausstellung
Befugten mit Dienststempel
§ 30
Prüferbesprechungen
Die Sachgebietsleiter für Betriebsprüfung sollen mit den Prüfern
ihrer Sachgebiete, die zuständigen Finanzbehörden mit den Sachgebietsleitern
für Betriebsprüfung oder mit den Betriebsprüfern ihrer Oberfinanzbezirke
regelmäßig Zweifelsfragen aus der Prüfungstätigkeit erörtern, sie
über neuere Rechtsprechung und neueres Schrifttum unterrichten sowie
Richtlinien und Anregungen für ihre Arbeit geben.
IX. Inkrafttreten
§ 39
Inkrafttreten
Diese allgemeine Verwaltungsvorschrift tritt am Tage nach der
Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft. Gleichzeitig tritt die
allgemeine Verwaltungsvorschrift für die Betriebsprüfung - Betriebsprüfungsordnung
- vom 17. Dezember 1987 (BAnz. Nr. 241a vom 24. Dezember 1987) außer
Kraft.