Begriff der wesentlichen Betriebsgrundlage im Rahmen
der §§ 15 und 20 UmwStG;
Anwendung der Tz. 15.02 und 20.08 Satz 3 des Umwandlungssteuererlasses
vom 25. März 1998 (BStBl I S. 268)
Sitzung ESt VIII/98 zu TOP 26
Nach dem BFH-Urteil vom 2. Oktober 1997 (BStBl 1998 II S. 104)
setzt die steuerbegünstigte Veräußerung oder Aufgabe eines Betriebs,
Teilbetriebs oder Anteils eines Mitunternehmers nach den §§ 16 Abs.
1, 34 EStG voraus, dass alle wesentlichen Betriebsgrundlagen des Betriebs
in einem einheitlichen Vorgang veräußert oder entnommen werden. Zu
den wesentlichen Grundlagen eines Betriebs gehören nach diesem Urteil
im Zusammenhang mit einer Betriebsveräußerung oder -aufgabe in der
Regel auch solche Wirtschaftsgüter, die funktional gesehen für den
Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil nicht erforderlich
sind, in denen aber erhebliche stille Reserven gebunden sind. Zweck
der §§ 16 Abs. 1, 34 EStG ist es, eine "zusammengeballte" Realisierung
der über die Zeit entstandenen, gesammelten stillen Reserven nicht
dem ungemilderten Einkommensteuertarif zu unterwerfen. Gemäß diesem
Gesetzeszweck ist der Begriff der wesentlichen Betriebsgrundlage im
Rahmen des § 16 EStG nach Auffassung des BFH anders auszulegen als
im Rahmen der übrigen Vorschriften und Rechtsinstitute, in denen er
eine Rolle spielt. Er ist hier quantitativ und nicht lediglich funktional
zu verstehen, wie dies z.B. bei der Anwendung von § 6 Absatz 3 EStG,
§§ 15 und 20 des Umwandlungssteuergesetzes der Fall ist. Demgemäß
hat der BFH im Urteil vom 24. August 1989 (BStBl 1989 II S. 1014)
darauf hingewiesen, dass er lediglich bei der Betriebsveräußerung
oder Betriebsaufgabe Wirtschaftsgüter wegen des Umfangs ihrer stillen
Reserven als wesentliche Betriebsgrundlage ansehe. Angesichts des
Erfordernisses einer normspezifischen Auslegung muss die Rechtsprechung,
derzufolge im Rahmen des § 16 EStG auch funktional unbedeutende Wirtschaftsgüter
wegen des Umfangs ihrer stillen Reserven als wesentliche Betriebsgrundlagen
anzusehen sind, als gesichert betrachtet werden.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten
Finanzbehörden der Länder nehme ich zur Frage des Begriffs der wesentlichen
Betriebsgrundlage im Rahmen der §§ 15 und 20 UmwStG wie folgt Stellung:
In Übereinstimmung mit dem BFH-Urteil vom 2. Oktober 1997 (BStBl
1998 II S. 104) ist ein Wirtschaftsgut im Rahmen der Anwendung der
§§ 15 und 20 UmwStG nicht schon allein deshalb eine wesentliche Betriebsgrundlage,
weil in ihm erhebliche stille Reserven ruhen (funktionale Betrachtungsweise).
Für den Fall der Einbringung von Betriebsvermögen einer Personengesellschaft
nach § 20 UmwStG gilt dieser Grundsatz darüber hinaus unabhängig davon,
ob das betreffende Wirtschaftsgut bisher zum Gesamthandsvermögen der
Personengesellschaft, zum Sonderbetriebsvermögen I oder zum Sonderbetriebsvermögen
II gehört hat. Das Vorhandensein erheblicher stiller Reserven (quantitative
Betrachtungsweise) ist aber dann entscheidend, wenn natürliche Personen
an der Einbringung beteiligt sind und die aufnehmende Kapitalgesellschaft
die Wirtschaftsgüter gemäß § 20 Abs. 4 UmwStG mit dem Teilwert ansetzt,
weil es sich in diesem Fall um eine echte Betriebsveräußerung i.S.
des § 16 EStG handelt und gemäß § 20 Abs. 5 Satz 1 und 2 UmwStG in
diesem Fall die §§ 16, 34 EStG Anwendung finden.
Tz. 15.02 und Tz. 20.08 Satz 3 des Umwandlungssteuererlasses
1995 vom 25. März 1998 (BStBl I S. 268), worin für den Begriff der
wesentlichen Betriebsgrundlage umfassend auf die zu § 16 EStG ergangene
Rechtsprechung sowie auf R 139 EStR 19961 verwiesen wird, sind insoweit überholt.
KSt-Kartei HE:
Diese Rundverfügung entspricht
dem BMF-Schreiben vom 16.08.2000 - IV C 2-S 1909-23/00 -, das im Bundessteuerblatt
2000 Teil I S. 1253 veröffentlicht ist.
Zusatz der OFD Frankfurt:
Ich bitte, auf der KSt-Kartei HE UmwStG Karte 17, Tzn. 15.02
und 20.08, jeweils einen Hinweis auf diese Rundverfügung anzubringen.
Zusatz der OFD Kiel:
KSt-Kartei SH UmwStG Karte 13 wird KSt-Kartei SH UmwStG Karte
13.1. Tz. 15.02 und Tz. 20.08 Satz 3 des Umwandlungssteuererlasses
1995 vom 25. März 1998 (BStBl I S. 268 sowie Rdvfg. vom 9. April 1998
- S 1978 A-St 111/St 142 -) bitte ich, mit einem Hinweis auf diese
Karte zu versehen.
KSt-Kartei RP:
Zusatz der
OFD Koblenz:
Die o. a. Grundsätze sind nach Tz. 24.04 i. V. m. Tz. 20.08
des Umwandlungssteuererlasses vom 25.03.1998 entsprechend auf die
Einbringung in eine Personengesellschaft anzuwenden.
Zusatz der Oberfinanzdirektionen Düsseldorf und
Münster:
Das BMF-Schreiben ist auf Einbringungen in Personengesellschaften
nach § 24 UmwStG entsprechend anzuwenden (vgl. auch Tz. 24.04 i.V.m.
20.08 UmwStG, EStG-Kartei NW UmwStG Nr. 15).
KSt-Kartei BY: Nr. 13/2000, Nr. 14/2000