Leitsatz
1. Eine Verletzung der aus dem Rechtsstaatsprinzip folgender Gebote ordnungsgemäßer Aktenführung (insbes. Aktenverständlichkeit, Aktenwahrheit, Aktenvollständigkeit und Aktenbeständigkeit) rechtfertigt für sich allein nicht, eine materiell-rechtlich nicht gebotene bzw. gerechtfertigte Entscheidung zu treffen. Wird das Original einer Postzustellungsurkunde nachträglich vorgelegt, ist dieses auch dann beachtlich, wenn sich in der vorgelegten elektronischen Akte kein Hinweis darauf findet, dass es sich um eine hybride Akte handelt und auch Papierdokumente Bestandteil der vollständigen Akten sind.(Rn.14)
2. Auf das elektronische Dokument „Scan einer Postzustellungsurkunde“ finden die §§ 415, 418 ZPO nur dann aufgrund der Anordnung des § 371b ZPO entsprechend Anwendung, wenn der Scan nach dem Stand der Technik erfolgt ist und eine Bestätigung vorliegt, dass das elektronische Dokument mit der Urschrift bildlich und inhaltlich übereinstimmt. Den derzeit (Februar 2023) vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Asylverfahren vorgelegten elektronischen Akten lassen sich diese Umstände – Scan nach dem Stand der Technik, Bestätigung der Übereinstimmung – nicht entnehmen, so dass die Anwendung von § 371b ZPO regelmäßig ausgeschlossen ist.(Rn.15)
3. Es stellt eine offene Tatsachenfrage dar, ob für Personen, die im Dublin-Verfahren nach Kroatien überstellt werden, die tatsächliche Gefahr eines Pushbacks unter Verstoß gegen Art. 19 Abs. 2 GRCh (juris: EUGrdRCh) nach Serbien oder Bosnien-Herzegowina besteht. (Rn.27)
Fundstellen

AuAS 2023, 93-96 (Leitsatz und Gründe)

NVwZ-RR 2023, 465-469 (Leitsatz und Gründe)
weitere Fundstellen ...
Diese Entscheidung wird zitiert
Henning Müller, NVwZ 2023, 651-654 (Entscheidungsbesprechung)
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