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Vorschrift
Normgeber:Ministerium für Kultus, Jugend und Sport
Aktenzeichen:31-6640.0/908
Erlassdatum:31.05.2017
Fassung vom:31.05.2017
Gültig ab:01.08.2017
Quelle:Wappen Baden-Württemberg
Gliederungs-Nr:2162
Fundstelle:K. u. U. 2017, 95
Verwaltungsvorschrift des Kultusministeriums über die Grundsätze zum Unterricht für Kinder und Jugendliche mit nichtdeutscher Herkunftssprache und geringen Deutschkenntnissen an allgemein bildenden und beruflichen Schulen

Verwaltungsvorschrift des Kultusministeriums über die Grundsätze zum Unterricht für Kinder und Jugendliche mit nichtdeutscher Herkunftssprache und geringen Deutschkenntnissen an allgemein bildenden und beruflichen Schulen



Verwaltungsvorschrift vom 31. Mai 2017
Az.: 31-6640.0/908



Fundstelle: K.u.U. 2017, S. 95





INHALTSÜBERSICHT



1.
Vorbemerkung


2.
Geltungsbereich


3.
Aufnahme und Schulpflicht


3.1
Allgemein bildende Schulen


3.2
Berufliche Schulen


4.
Fördermaßnahmen


4.1
Schulorganisatorische Maßnahmen


4.2
Vorbereitungsklassen


4.2.1
Einrichtung von Vorbereitungsklassen


4.2.2
Integration in eine Regelklasse


4.3
Vorbereitungskurse im Bereich der allgemein bildenden Schulen


4.4
Vorqualifizierungsjahr Arbeit / Beruf mit Schwerpunkt Erwerb von Deutschkenntnissen (VABO)


4.5
Sprachförderkurse an beruflichen Schulen


4.6
Sonstige Maßnahmen


5.
Fremdsprachenregelung


5.1
Grundschule


5.2
Hauptschule, Werkrealschule, Realschule, Gemeinschaftsschule


5.3
Gymnasium


6.
Zeugnisse und Leistungsbeurteilungen


6.1
Bei Besuch der Vorbereitungsklasse


6.2
Bei erstmaligem Besuch der Regelklasse


6.3
Bei Besuch der Vorbereitungsklasse oder der Regelklasse einer Gemeinschaftsschule


6.4
Bei Besuch einer beruflichen Schule


7.
Zusammenarbeit mit den Erziehungsberechtigten


8.
Muttersprachlicher Zusatzunterricht und Zertifizierungen durch die Generalkonsulate und Konsulate


9.
Schlussbestimmungen


1.


Sprache ist das wesentliche Kommunikationsmittel und eine wichtige Voraussetzung zur Teilnahme in Gesellschaft und Schule. Ihre Beherrschung ist die Grundlage für den schulischen Erfolg und damit auch dafür, sich nachhaltig für das Leben in Gesellschaft und Beruf zu qualifizieren. Der Erwerb und die Beherrschung der deutschen Sprache bilden das Fundament zur Integration von Kindern und Jugendlichen mit nichtdeutscher Herkunftssprache und geringen Deutschkenntnissen.


Sprachkenntnisse zu vermitteln ist ein zentrales Aufgabenfeld der Tageseinrichtungen für Kinder, aller Schularten sowie Auftrag aller am Erziehungs- und Bildungsprozess Beteiligten. Kinder und Jugendliche mit verschiedenen Herkunftssprachen bringen unterschiedliche kulturelle und sprachliche Erfahrungen mit, die Bereicherung und Herausforderung zugleich darstellen und differenzierende Maßnahmen erfordern. Über eine abgestimmte sprachliche Förderung wird die Möglichkeit eröffnet, die Gesamtpersönlichkeit von Kindern und Jugendlichen in ihrer aktuellen Lebens- und Lernwirklichkeit zu berücksichtigen. Voraussetzung hierfür ist ein schulisches Förderkonzept, das den Bildungsplan zur Grundlage hat und sich flexibel an der Bedürfnislage der Schülerinnen und Schüler orientiert. Ziel ist dabei die volle schulische und berufliche Integration aller Kinder und Jugendlichen.


Die Koordination der Sprachfördermaßnahmen für Kinder und Jugendliche mit nichtdeutscher Herkunftssprache und geringen Deutschkenntnissen gehört zum Aufgabenbereich der Schulleitung; mit der Wahrnehmung der Koordination kann eine Lehrkraft beauftragt werden. Die Koordination umfasst insbesondere die Erarbeitung und Weiterentwicklung einer entsprechenden Förderkonzeption sowie eine differenzierte Sprachstandserhebung und Feststellung des individuellen Sprachförderbedarfs.


Soweit die Schulen bei der Sprachförderung personenbezogene Daten verarbeiten, sind die datenschutzrechtlichen Regelungen (insbesondere Verwaltungsvorschrift „Datenschutz an öffentlichen Schulen“ vom 5. Dezember 2014 [K.u.U. 2015 S. 15]) in den jeweils geltenden Fassungen zu beachten.


2.


Diese Verwaltungsvorschrift gilt unbeschadet Nummer 8 für Kinder und Jugendliche mit nichtdeutscher Herkunftssprache und geringen Deutschkenntnissen, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit und ihrem aufenthaltsrechtlichen Status. Fehlende Deutschkenntnisse stehen geringen Deutschkenntnissen im Sinne dieser Verwaltungsvorschrift gleich. Geringe Deutschkenntnisse im Sinne dieser Verwaltungsvorschrift sind solche, die nicht auf einen sonderpädagogischen Förderbedarf zurückzuführen sind.


3.


Gemäß § 72 Absatz 1 des Schulgesetzes für Baden-Württemberg (SchG) besteht Schulpflicht für Kinder und Jugendliche, die in Baden-Württemberg ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Ausbildungs- oder Arbeitsstätte haben. Schulpflichtig ist auch, wem aufgrund eines Asylantrags der Aufenthalt in Baden-Württemberg gestattet ist oder wer hier geduldet wird. Die Schulpflicht beginnt sechs Monate nach dem Zuzug aus dem Ausland und besteht bis zur Erfüllung der Ausreisepflicht.


3.1


Kinder und Jugendliche mit nichtdeutscher Herkunftssprache und geringen Deutschkenntnissen besuchen im Bereich der allgemein bildenden Schulen die ihrem Alter und ihrer Leistung entsprechende Klasse der in Betracht kommenden Schulart. Sofern dies aufgrund mangelnder Kenntnisse der deutschen Sprache nicht möglich ist, nehmen sie an besonderen Sprachfördermaßnahmen teil. Sprachförderung kann dabei stattfinden in eigens gebildeten Klassen (Vorbereitungsklassen), in einem Kurssystem oder durch sonstige organisatorische Maßnahmen (zum Beispiel Teilungsstunden, Förderunterricht) der Schule (siehe Nummer 4).


Eine Aufnahme in die Regelklasse eines Gymnasiums und das Niveau M einer Realschule ist ohne den vorherigen Besuch einer Vorbereitungsklasse auf Probe möglich, wenn die Schule zur Auffassung gelangt, dass die Schülerin oder der Schüler in absehbarer Zeit die Anforderungen des Bildungsgangs in Bezug auf einen ausreichenden Kenntnisstand der deutschen Sprache erfüllen wird. Die Probezeit dauert längstens ein Jahr. An deren Ende entscheidet die Klassenkonferenz unter Vorsitz der Schulleiterin oder des Schulleiters über den Verbleib in der Regelklasse nach Maßgabe der Anforderungen des Bildungsgangs. Ist nach Entscheidung der Klassenkonferenz die vollständige Integration in eine Regelklasse zunächst noch nicht möglich, richtet sich die weitere schulische Sprachförderung nach Nummer 4. Für die Realschulen gilt dies entsprechend für solche Klassenstufen, die ausschließlich auf den mittleren Abschluss vorbereiten. Die Verbindung zu Sprache und Kultur des Herkunftslands soll gewahrt werden (siehe Nummer 8).


3.2


Gemäß § 77 SchG sind Jugendliche, die ihre allgemeine Schulpflicht gemäß § 75 SchG erfüllt haben und keine weiterführende allgemein bildende Schule besuchen, berufsschulpflichtig. Dies ist in der Regel ab einem Alter von 15 beziehungsweise 16 Jahren der Fall. Die Berufsschulpflicht besteht bis zur Vollendung des 18. Lebensjahrs. Schülerinnen und Schüler ohne Ausbildungsplatz, die im Alter von 18 oder 19 Jahren sind, können die Berufsschule freiwillig mit den Rechten und Pflichten eines Berufsschulpflichtigen bis zum Endes des Schuljahrs besuchen, in dem das 20. Lebensjahr vollendet wird (§ 78 Absatz 1 Satz 3 SchG). Der Anspruch kann durch eine Anfrage nach einem Schulplatz geltend gemacht werden. Im Rahmen der Pflicht beziehungsweise des Rechts, die Berufsschule zu besuchen, wird, sofern kein Ausbildungsverhältnis besteht, in der Regel eine der hierfür vorgesehenen Klassen des Vorqualifizierungsjahres Arbeit / Beruf mit Schwerpunkt Erwerb von Deutschkenntnissen besucht.


Die Regelungen zur Aufnahme in die weiteren Bildungsgänge beruflicher Schulen bleiben hiervon unberührt.


Berufsschulpflichtige und berufsschulberechtigte junge Menschen können zum Spracherwerb auch in eine allgemein bildende Schule aufgenommen werden, insofern dort keine zusätzlichen Klassen entstehen.


4.


Vorrangiges Ziel der schulischen Sprachförderung ist, Schülerinnen und Schülern ausreichende deutsche Sprachkenntnisse zu vermitteln, um sie in die Klassen der verschiedenen Schularten und Bildungsgänge einzugliedern, damit sie einen schulischen Abschluss beziehungsweise einen Berufsabschluss erreichen und ein selbstständiges Leben als aktives Mitglied in der Gesellschaft führen können. Bei der Eingliederung in die Regelklassen sollen grundsätzlich gemeinsame Klassen mit Schülerinnen und Schülern deutscher und nichtdeutscher Herkunftssprache gebildet werden. Die Ergebnisse der Potenzialanalyse für neu Zugewanderte zur Erhebung der fachlichen und überfachlichen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler geben Hinweise zum Lern- und Leistungsstand der beziehungsweise des Einzelnen und zur Steuerung des weiteren schulischen beziehungsweise beruflichen Integrationsprozesses.


Folgende Fördermaßnahmen sind vorgesehen:
Schulorganisatorische Maßnahmen (siehe Nummer 4.1),
Vorbereitungsklassen (siehe Nummer 4.2),
Vorbereitungskurse im Bereich der allgemein bildenden Schulen (siehe Nummer 4.3),
Vorqualifizierungsjahr Arbeit / Beruf mit Schwerpunkt Erwerb von Deutschkenntnissen (VABO) (siehe Nummer 4.4),
Sonstige Maßnahmen (siehe Nummer 4.5).


4.1


Ein integratives Förderkonzept im Bereich Sprache und Spracherwerb, das Kinder und Jugendliche mit nichtdeutscher Herkunftssprache und geringen Deutschkenntnissen beim Besuch der Regelklasse in der sprachlichen Entwicklung unterstützt, nutzt die schulischen Gestaltungsmöglichkeiten von Bildungsplan oder Lehrplan, Stundentafeln und Schulcurriculum. Den Schulen im Rahmen des zugewiesenen Gesamtbudgets zur Verfügung stehende Lehrerstunden sollen auch für Maßnahmen der Sprachförderung von Kindern und Jugendlichen mit nichtdeutscher Herkunftssprache und geringen Deutschkenntnissen verwendet werden.


Über flexible Organisationsmodelle (zum Beispiel zeitweilige differenzierende Angebote, Sprachförderangebote im Rahmen des Ganztagesrhythmus, innere und äußere Differenzierungen) kann der Freiraum vor Ort gestaltet werden. Der Wechsel zwischen der Teilnahme am Unterricht der Regelklasse und einer Fördermaßnahme soll dabei organisatorisch flexibel erfolgen und orientiert sich am jeweiligen Sprachstand und dem individuellen Förderbedarf. Benachbarte Schulen arbeiten nach Möglichkeit im Rahmen der Sprachförderung für Kinder und Jugendliche mit nichtdeutscher Herkunftssprache und geringen Deutschkenntnissen bei Bedarf zusammen.


4.2


4.2.1


Für Kinder und Jugendliche mit nichtdeutscher Herkunftssprache und geringen Deutschkenntnissen ist in den allgemein bildenden Schularten bereits ab Klasse 1 (Grund-, Haupt- und Werkrealschulen, Realschulen, Gemeinschaftsschulen, Gymnasien) die Einrichtung einer Vorbereitungsklasse möglich. Maßgebend für die Einrichtung und Klassenbildung ist der Organisationserlass in der jeweiligen Fassung. Die Vorbereitungsklasse wird als Jahrgangsklasse oder als jahrgangsübergreifende Klasse geführt. Ausgangspunkt für die Arbeit in Vorbereitungsklassen sind individuelle, altersstufengemäße Sprachstandserhebungen, die unter anderem die Bereiche Wortschatz, Satzbau, Ausdrucksfähigkeit und Leseverständnis umfassen.


Der Unterricht in der Vorbereitungsklasse dient vorwiegend dem Erlernen der deutschen Sprache, des Fachwortschatzes sowie schulischer Techniken und Arbeitsweisen. Er bereitet auf den Unterricht und die Integration in die Regelklasse vor und ist mit diesem eng verzahnt. Es sollen in Bezug auf die Bundesrepublik Deutschland auch Kompetenzen in Landeskunde und Gemeinschaftskunde erworben werden, sowie lebensweltbezogene Kompetenzen und Handlungskompetenzen zur Alltagsbewältigung.


Die sprachlichen Fortschritte der Schülerinnen und Schüler werden in geeigneter Form erhoben und insbesondere für den Wechsel in die Regelklasse dokumentiert. Der Wechsel in die Regelklasse soll nach Möglichkeit im ersten Jahr erfolgen, andernfalls nach längstens zwei Jahren. Er ist innerhalb dieses Zeitraums an keinen festen Zeitpunkt gebunden und kann gestuft mit sich erhöhenden Stundenanteilen in der Regelklasse entsprechend dem Zuwachs der Sprachkompetenz erfolgen.


Zur Koordination der Sprachförder- und Integrationsmaßnahmen erhält die Schule je gebildeter Vorbereitungsklasse eine Entlastungsstunde. Das schulische Leben wird unabhängig davon so gestaltet, dass gegenseitige Kontakte von Schülerinnen und Schülern verschiedener Herkunftssprachen regelmäßig gepflegt werden können. Die Unterrichtsorganisation soll dabei flexibel und nicht ausschließlich im Klassenverband erfolgen, damit den Kindern und Jugendlichen mit nichtdeutscher Herkunftssprache und geringen Deutschkenntnissen eine zeitweilige Teilnahme am Unterricht der Regelklasse möglich ist. Dabei muss die Regelklasse nicht identisch mit der Regelklasse sein, die für eine spätere Zuweisung infrage kommt.


Die Vorbereitungsklassen an Grundschulen können mit Zustimmung der Schulaufsichtsbehörde auch für Schülerinnen und Schüler benachbarter Schulbezirke eingerichtet werden. In diesem Fall entscheidet die Schulaufsichtsbehörde nach Anhörung der Erziehungsberechtigten der betroffenen Schülerinnen und Schüler und nach Rücksprache mit den Schulleitungen über die Aufnahme in eine Vorbereitungsklasse.


4.2.2


Der Zeitpunkt der Integration in eine Regelklasse wird von den unterrichtenden Lehrkräften mit Zustimmung der Schulleitung der aufnehmenden Schule flexibel und individuell im Rahmen der Regel- beziehungsweise Ausnahmefristen von einem Jahr beziehungsweise zwei Jahren festgelegt. Eine unterjährige Integration in eine Regelklasse ist dabei ausdrücklich in den Blick zu nehmen, wenn die Voraussetzungen hierfür gegeben sind. Leistungsstand, Leistungsvermögen und Motivation entscheiden über die Zuweisung in die jeweilige Klassenstufe und Schulart. Hierbei kann auch berücksichtigt werden, welche Schulart im Herkunftsland zuletzt besucht worden ist.


Entspricht die Zuweisung zu einer bestimmten Schulart nicht dem Willen der Erziehungsberechtigten, entscheidet die Schulleitung der gewünschten Schule auf der Grundlage einer Feststellungsprüfung über die Aufnahme.


Dem Wechsel von der Vorbereitungsklasse in die Regelklasse können, nach dem jeweiligen Umfang der sprachlichen Fortschritte, Probephasen von unterschiedlicher Dauer und in unterschiedlichen Fächern und Schularten beziehungsweise Bildungsgängen vorgeschaltet werden.


4.3


An den Grund-, Haupt- und Werkrealschulen, Realschulen, Gemeinschaftsschulen und Gymnasien kann für mindestens vier Kinder und Jugendliche mit nichtdeutscher Herkunftssprache und geringen Deutschkenntnissen ein zeitlich befristeter zusätzlicher Sprachförderunterricht (Vorbereitungskurs) mit bis zu acht Wochenstunden eingerichtet werden, wenn die Schülerinnen und Schüler noch größere Sprachschwierigkeiten beziehungsweise Verständnisschwierigkeiten in einzelnen Fächern haben, die auf die geringen Deutschkenntnisse zurückzuführen sind. Dieses Kursangebot dient vorrangig dem Erlernen der deutschen Sprache. Verbunden damit wird auch gezielt sachbezogener Unterricht zum Erwerb eines Fachwortschatzes und von Basiskompetenzen erteilt.


4.4


Berufsschulpflichtige und zum Besuch der Berufsschule berechtigte Jugendliche und junge Erwachsene mit nicht deutscher Herkunftssprache und geringen Deutschkenntnissen besuchen Klassen des Vorqualifizierungsjahrs Arbeit / Beruf mit Schwerpunkt Erwerb von Deutschkenntnissen (VABO) mit dem Ziel, ausreichende Deutschkenntnisse zu erwerben, um anschließend schnellstmöglich eine Ausbildung aufnehmen oder andere Schularten besuchen zu können. Schülerinnen und Schüler des VABO sollen stundenweise den Unterricht anderer Bildungsgänge besuchen oder weitere Angebote zur Integration nutzen. Die Schulen können für VABO-Klassen Lehrerwochenstunden für erhöhten Organisations- und Koordinationsaufwand einsetzen im Rahmen der Vorgaben der Stundentafel.


4.5


Zur sprachlichen Förderung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit nichtdeutscher Herkunftssprache und geringen Deutschkenntnissen in Klassen außerhalb des VABO entwickeln die beruflichen Schulen eigene Konzepte zur integrierten Sprachförderung, die auf die Prinzipien der individuellen Förderung ausgerichtet sind. Hierauf aufbauend setzen sie im Rahmen der Stundentafeln oder von Förderkursen zusätzliche Sprachförderung um. Die Förderkurse sind gegebenenfalls klassen- und schulartübergreifend zu organisieren. Die Sprachförderung wird in enger Zusammenarbeit aller betroffenen Fachlehrkräfte gemeinsam entwickelt und umgesetzt. Für die Förderkurse gelten die vom Kultusministerium festgelegten Vorgaben für den Einsatz an Schüler- und Lehrerwochenstunden und Gruppengrößen. Die Förderkurse unterstützen den notwendigen weiteren Spracherwerb der zugewanderten Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die eine berufliche Regelklasse besuchen. Sie können in begründeten Einzelfällen auch für VABO-Schülerinnen und -Schüler mit besonderen Problemlagen wie beispielsweise Analphabetismus zeitlich befristet eingesetzt werden.


Zur sprachlichen Förderung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit nichtdeutscher Herkunftssprache und geringen Deutschkenntnissen in Berufsschulklassen und Berufsfachschulklassen können außerdem gemäß dem Organisationserlass in der jeweils geltenden Fassung die vom Kultusministerium gesondert festgelegten Mindestschülerzahlen und Klassenteiler angewandt werden.


4.6


Für eine eventuelle Feststellung des Anspruchs auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot gelten die allgemeinen Bestimmungen, insbesondere die Verordnung über sonderpädagogische Bildungsangebote vom 8. März 2016 (GBl. S. 245, K.u.U. S. 154). Dabei ist zu beachten, dass mangelnde Kenntnisse in der deutschen Sprache allein kein Kriterium für den Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot sind. Bei den entsprechenden Überprüfungen kann auf Wunsch der Erziehungsberechtigten eine geeignete Lehrkraft oder eine andere geeignete Person der jeweiligen Herkunftssprache hinzugezogen werden; auf diese Möglichkeit sollen die Erziehungsberechtigten durch die meldende Schule beziehungsweise bei Antrag der Erziehungsberechtigten vom Staatlichen Schulamt hingewiesen werden.


Über Formen der sonderpädagogischen Förderung von Schülerinnen und Schülern mit nichtdeutscher Herkunftssprache und geringen Deutschkenntnissen an allgemeinen Schulen wird gemäß der Verwaltungsvorschrift „Kinder und Jugendliche mit besonderem Förderbedarf und Behinderungen“ vom 8. März 1999 (K.u.U. S. 45), die zuletzt durch Verwaltungsvorschrift vom 22. August 2008 (K.u.U. S. 149, ber. 179) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung entschieden.


5.


An den Schulen sind die besondere Situation der mehrsprachig aufwachsenden Kinder und Jugendlichen und der noch zu unterstützende Sprachkompetenzerwerb zu würdigen. Für Kinder und Jugendliche mit nichtdeutscher Herkunftssprache und geringen Deutschkenntnissen, die erstmals im Seiteneinstieg in die Regelklasse einer Grundschule oder einer weiterführenden Schulart aufgenommen werden, gelten im Einzelnen die nachfolgenden Regelungen (unabhängig davon, ob zuvor eine Vorbereitungsklasse besucht worden ist oder nicht):


5.1


In den Klassenstufen 3 und 4 wird die besondere Situation der mehrsprachig aufwachsenden Kinder und der noch zu unterstützende Sprachkompetenzerwerb in Englisch beziehungsweise Französisch bei der Notengebung pädagogisch angemessen berücksichtigt. In pädagogisch begründeten Einzelfällen kann die Note ausgesetzt und durch eine verbale Beurteilung ersetzt werden.


5.2


Die Schülerinnen und Schüler sollen durch individuelle Förderung in der Pflichtfremdsprache auf einen Kenntnisstand gebracht werden, der es ihnen ermöglicht, am Unterricht der von ihnen besuchten Klasse teilzunehmen.


Bezüglich der Jahrgangsstufen der gymnasialen Oberstufe an der Gemeinschaftsschule wird auf die Regelung für das Gymnasium in Nummer 5.3 verwiesen.


5.3


Bei Eintritt in die Klassen 7 bis 10 des Gymnasiums kann die Herkunftssprache eine der vorgeschriebenen Pflichtfremdsprachen ersetzen, wenn es aus organisatorischen und personellen Gründen möglich ist, den Kenntnisstand der Schülerinnen und Schüler in jedem Schuljahr schriftlich zu überprüfen. Das Ergebnis der Überprüfung ist als versetzungserhebliche Note in das Zeugnis aufzunehmen. Die Schülerinnen und Schüler sind im Hinblick auf die Prüfungsvorbereitung in geeigneter Form über die Prüfungsanforderungen zu unterrichten.


In den Jahrgangsstufen der gymnasialen Oberstufe ist der Ersatz einer Fremdsprache durch die Herkunftssprache ausgeschlossen; dies gilt auch in der Abiturprüfung.


6.


6.1


Schülerinnen und Schüler, die eine Vorbereitungsklasse an einer allgemein bildenden Schule besuchen, erhalten Halbjahresinformationen und Zeugnisse nach den für die jeweilige Klassenstufe und Schulart geltenden Vorgaben. Noten werden nur erteilt, sofern der Kenntnisstand der Schülerinnen und Schüler dies in Bezug auf die Bildungsziele beziehungsweise erreichten Kompetenzen zulässt. Eine verbale Beurteilung mit Ausführungen zu den erworbenen Kompetenzen unter anderem etwa im Sprechen, Schreiben, Lesen kann die Notengebung ergänzen oder ersetzen.


6.2


Bei dem erstmaligen Besuch der Regelklasse einer allgemein bildenden Schule nehmen die Schulen in der Leistungsbeurteilung auf die sprachlich bedingten Erschwernisse des Lernens bei Kindern und Jugendlichen mit nichtdeutscher Herkunftssprache und geringen Deutschkenntnissen Rücksicht. Noten können durch eine Verbalbeurteilung ersetzt werden. Halbjahresinformationen und Zeugnissen kann eine Leistungsbeschreibung mit Hinweisen zur Lernentwicklung und einer Aussage (Verbalbeurteilung) über die mündliche und schriftliche Ausdrucks- und Verständigungsfähigkeit beigelegt werden.


Nicht ausreichende Leistungen im Fach Deutsch und den Fremdsprachen können bei der ersten und zweiten Versetzungsentscheidung außer Betracht bleiben. Die jeweiligen schulartspezifischen Regelungen zur Versetzung in Ausnahmefällen bleiben unberührt.


6.3


Für die Gemeinschaftsschulen gelten die vorgenannten Ausführungen unter Berücksichtigung der Vorgaben der Verordnung des Kultusministeriums über die Sekundarstufe I und die gymnasiale Oberstufe der Gemeinschaftsschule vom 22. Juni 2012 (GBl. 2012 S. 470, K.u.U. S. 117), die zuletzt durch Artikel 9 der Verordnung vom 19. April 2016 (GBl. S. 308, 317, K.u.U. S. 183) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung entsprechend. Dies betrifft insbesondere die schriftliche Information über die Leistungen der Schülerinnen und Schüler zum Schulhalbjahr und am Ende des Schuljahres (Lernentwicklungsbericht).


6.4


Für die beruflichen Schulen gelten die jeweiligen Ausbildungs- und Prüfungsordnungen. Zur Leistungsfeststellung und zur Leistungsbeurteilung sowie zur Verwendung von Wörterbüchern werden für die beruflichen Schulen gesonderte Bestimmungen erlassen.


7.


Maßgeblichen Anteil am Gelingen der schulischen Eingliederung von Kindern und Jugendlichen mit nichtdeutscher Herkunftssprache und geringen Deutschkenntnissen haben die Erziehungsberechtigten. Der intensiven Zusammenarbeit zwischen Bildungseinrichtungen und Erziehungsberechtigten kommt daher eine hohe Bedeutung zu. Die Erziehungsberechtigten werden bereits von den Fachkräften der Tageseinrichtungen für Kinder und den Lehrkräften der Schulen im Rahmen der Kooperation dieser Tageseinrichtungen mit den Grundschulen über mögliche Bildungsgänge beraten (siehe VwV Kooperation Kindertageseinrichtungen – Grundschulen vom 14. Februar 2002, K.u.U. S. 177, in der jeweils geltenden Fassung).


In den Schulen übernehmen Lehrkräfte und Schulleitungen die Aufgabe der Information und Beratung der Erziehungsberechtigten von Kindern und Jugendlichen mit nichtdeutscher Herkunftssprache und geringen Deutschkenntnissen.


8.


Zur Förderung der Kinder und Jugendlichen in der nichtdeutschen Herkunftssprache kann das jeweilige Generalkonsulat beziehungsweise Konsulat Unterrichtskurse in eigener Verantwortung durchführen (Muttersprache, Geschichte, Landeskunde). Diese Kurse werden im Rahmen des Möglichen von der Schulverwaltung organisatorisch unterstützt, unterliegen aber nicht deren Aufsicht. Eine enge Zusammenarbeit der deutschen Schulbehörden und Schulen mit den Vertretungen und Lehrkräften der Herkunftsländer ist anzustreben. Die Erziehungsberechtigten entscheiden in eigener Verantwortung über die Teilnahme ihrer Kinder an den freiwilligen Angeboten zur muttersprachlichen Bildung in der Herkunftssprache.


Die muttersprachlichen Unterrichtskurse umfassen in der Regel bis zu fünf Wochenstunden; die Teilnahme ist freiwillig. Vor ihrer Einrichtung sind die Kurse dem Kultusministerium mitzuteilen, möglichst in elektronischer Form. Die Schulträger werden gebeten, Schulräume für den muttersprachlichen Zusatzunterricht kostenlos zur Verfügung zu stellen. Die Schulen und die Generalkonsulate bzw. Konsulate stimmen sich im Rahmen des Möglichen mit dem Ziel ab, zeitliche Kollisionen von muttersprachlichem Unterricht und schulischen Angeboten zu vermeiden. Dies gilt auch im Hinblick auf die Ausgestaltung von Ganztagsangeboten. Vom Land können im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel Zuschüsse für die muttersprachlichen Unterrichtskurse an die Generalkonsulate beziehungsweise Konsulate gewährt werden, sofern mindestens zwölf Schülerinnen und Schüler am Unterricht teilnehmen.


Soweit Schülerinnen und Schüler den von den Generalkonsulaten beziehungsweise Konsulaten veranstalteten muttersprachlichen Zusatzunterricht besuchen, wird im Zeugnis beziehungsweise Lernentwicklungsbericht unter „Bemerkungen“ oder durch eine Anlage folgender Hinweis aufgenommen, sofern der Schule ein entsprechender Nachweis vorliegt: „Nach Mitteilung des ... Generalkonsulats beziehungsweise Konsulats in ... hat die Schülerin beziehungsweise der Schüler an dem vom Generalkonsulat beziehungsweise Konsulat veranstalteten muttersprachlichen Zusatzunterricht teilgenommen und dabei in den nachfolgenden Fächern die folgenden Noten beziehungsweise Punktzahlen erzielt: ...“. Dieser Hinweis auf den Besuch des muttersprachlichen Zusatzunterrichts beziehungsweise auf die Benotung hat auf Wunsch der Erziehungsberechtigten beziehungsweise der volljährigen Schülerinnen und Schüler zu unterbleiben. Auf die Ausbringung der Fächer und Noten beziehungsweise Punktzahlen kann verzichtet werden. Stattdessen kann auch ein Zeugnis oder eine Bescheinigung des Generalkonsulats beziehungsweise Konsulats beigefügt werden.


Zertifizierungsangebote der Generalkonsulate beziehungsweise Konsulate, die das Sprachniveau ausweisen, werden von der Schulverwaltung im Rahmen des Möglichen organisatorisch unterstützt (zum Beispiel durch Beratung, Bereitstellung von Räumlichkeiten). Nehmen Schülerinnen und Schüler solche Zertifizierungsangebote der Generalkonsulate beziehungsweise Konsulate wahr, besteht die Möglichkeit, im Zeugnis beziehungsweise im Lernentwicklungsbericht unter „Bemerkungen“ folgenden Hinweis aufzunehmen: „Nach Mitteilung des ... Generalkonsulats beziehungsweise Konsulats in ... ist das Sprachniveau der Schülerin beziehungsweise des Schülers in deren beziehungsweise dessen Herkunftssprache ... gemäß beziehungsweise analog dem Gemeinsamen europäischen Referenzrahmen für Sprachen durch das Generalkonsulat beziehungsweise Konsulat geprüft und zertifiziert worden. Die Schülerin beziehungsweise der Schüler hat dabei folgende Punktzahl erzielt: ...“


9.


Diese Verwaltungsvorschrift tritt am 1. August 2017 in Kraft.


Gleichzeitig tritt die Verwaltungsvorschrift „Grundsätze zum Unterricht für Kinder und Jugendliche mit Sprachförderbedarf an allgemein bildenden und beruflichen Schulen“ vom 1. August 2008 (K.u.U. S. 57), die zuletzt durch Verwaltungsvorschrift vom 11. November 2009 (K.u.U. S. 223) geändert worden ist, außer Kraft. Für Kinder und Jugendliche mit nichtdeutscher Herkunftssprache, die vor dem Ablauf des 31. Juli 2017 erstmals als Seiteneinsteiger in eine Grundschule oder weiterführende Schulart aufgenommen worden sind, gilt Nummer 3.3 Fremdsprachenregelung der in Satz 2 genannten Verwaltungsvorschrift bis zu der Beendung der Grundschule oder dem Abschluss an der weiterführenden Schule weiter.


Diese Verwaltungsvorschrift wird in Ausgabe B des Amtsblatts aufgenommen unter Nr. 6640-52.

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