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Verwaltungsvorschrift des Ministeriums Ländlicher Raum zur Standorteignungskartierung und Bodenbilanz der landwirtschaftlichen Flächen (VwV Standorteignungskartierung und Bodenbilanz) Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis
Verwaltungsvorschrift des Ministeriums Ländlicher Raum zur Standorteignungskartierung und Bodenbilanz der landwirtschaftlichen Flächen (VwV Standorteignungskartierung und Bodenbilanz) Vom 31. März 2022 – Az.: 27-8432.00 – Fundstelle: GABl. 2022, S. 284 INHALTSÜBERSICHT - 1.
Ziel
- 2.
Begriffsbestimmungen
- 2.1
Standorteignungskartierung
- 2.2
Fluren
- 3.
Rechtsgrundlage
- 4.
Anwendungsbereiche
- 4.1
Standorteignungskartierung
- 4.2
Bodenbilanz
- 5.
Bewertungskriterien, Einstufung
- 5.1
Standorteignungskartierung
- 5.1.1
Bewertungskriterien
- 5.1.2
Einstufung
- 5.2
Bodenbilanz
- 6.
Publizität
- 7.
Inkrafttreten, Geltungsdauer
- 1.
- 1.1
Nach § 16 Absatz 1 des Landwirtschafts- und Landeskulturgesetzes (LLG) stellen landwirtschaftliche Flächen für die Landwirtschaft die zentrale Produktionsressource dar. Ein Ziel des Landes ist es, landwirtschaftliche Flächen zu schützen und zur Landschaftsentwicklung beizutragen. Für die landwirtschaftliche Nutzung besonders geeignete Böden sollen nach Möglichkeit geschont werden. Das Ziel dieser Verwaltungsvorschrift ist es, die Berücksichtigung der Standorteignungskartierung und der Bodenbilanz bei Planungen und Vorhaben, die landwirtschaftliche Flächen direkt oder indirekt in Anspruch nehmen, sicherzustellen.
- 1.2
Diese Verwaltungsvorschrift enthält insbesondere Vorgaben zur landesweit einheitlichen Erhebung und Bewertung der Standorteignungskartierung. Die Standorteignungskartierung soll der Landwirtschaftsverwaltung Baden-Württemberg eine landeseinheitliche fachliche Grundlage für ihre Stellungnahmen als Träger öffentlicher Belange in flächenbezogenen Verfahren bieten.
- 1.3
Das Ziel der Bodenbilanz ist es, die Entwicklung und den Stand der landwirtschaftlichen Flächennutzung oder -inanspruchnahme aufzuzeigen. Damit sollen objektive Grundlagen für Regelungen und Entscheidungen im Hinblick auf den Umgang mit der knappen Ressource Boden als Produktionsgrundlage der Landwirtschaft geschaffen werden.
- 2.
- 2.1
Die Standorteignungskartierung ist eine in Wertstufen kartografisch dargestellte Bewertung landwirtschaftlicher Flächen nach natürlichen und landwirtschaftlichen Gesichtspunkten. Sie entspricht der in der Landwirtschaftsverwaltung unter der Bezeichnung »Flurbilanz« etablierten Fachplanung. Die Standorteignungskartierung nach § 16 Absatz 2 Nummer 1 und Absatz 3 LLG wird daher weiter unter dem Begriff »Flurbilanz« dargestellt und die Begriffe werden synonym verwendet.
- 2.2
Fluren sind zu größeren Bewertungseinheiten zusammengefasste landwirtschaftlich genutzte Flurstücke mit vergleichbaren natürlichen und agrarstrukturellen Eigenschaften.
- 3.
Rechtsgrundlage dieser Verwaltungsvorschrift ist § 16 Absatz 3 LLG. Nach § 16 Absatz 3 LLG erstellt die oberste Landwirtschaftsbehörde alle drei Jahre eine Bodenbilanz mit Angaben über die Art der Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen. Die oberste Landwirtschaftsbehörde erstellt alle fünf Jahre im Rahmen einer Standorteignungskartierung eine Bewertung der landwirtschaftlichen Flächen nach natürlichen und landwirtschaftlichen Gesichtspunkten. Das Nähere regelt die oberste Landwirtschaftsbehörde in dieser Verwaltungsvorschrift, insbesondere die Bewertung landwirtschaftlicher Flächen hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit als auch in Bezug auf die wirtschaftliche Bedeutung für die landwirtschaftlichen Betriebe und die Agrarstruktur.
- 4.
- 4.1
- 4.1.1
Die Standorteignungskartierung ist eine Fachplanung der Landwirtschaftsverwaltung. Landwirtschaftsbehörden haben bei der Erstellung und Fortschreibung der Standorteignungskartierung die Vorgaben dieser Verwaltungsvorschrift zu den Bewertungskriterien und der Einstufung der Fluren einzuhalten.
- 4.1.2
Bei Planungen und Vorhaben, die landwirtschaftlich genutzte Flächen beanspruchen, wie beispielsweise Regionalplanungen, Bauleitplanungen und einzelne Vorhabenplanungen, ist die Standorteignungskartierung zur Beurteilung der Wertigkeit für die landwirtschaftliche Nutzung zugrunde zu legen. Landwirtschaftsbehörden haben bei ihren Stellungnahmen im Rahmen der Anhörung als Träger öffentlicher Belange bei Planungen und Vorhaben die Standorteignungskartierung als fachliche Grundlage zur Beurteilung der Wertigkeit der betroffenen landwirtschaftlichen Flächen zu verwenden.
- 4.1.3
Bei einer aus agrarstruktureller Sicht abzulehnenden Inanspruchnahme landwirtschaftlich hochwertiger Flächen sollen die Träger der Planungen und Vorhaben mögliche und geeignete Alternativstandorte basierend auf der Standorteignungskartierung angeben. Im Rahmen der Stellungnahmen als Träger öffentlicher Belange ist nach Möglichkeit auf Alternativen auf nahegelegenen Fluren mit einer entsprechend schlechteren Einstufung in der Standorteignungskartierung im Vergleich zur Einstufung der Flächen der Ausgangsplanung hinzuweisen.
- 4.1.4
Die Standorteignungskartierung steht auch anderen Trägern öffentlicher Belange oder mit dem Vorhaben oder der Planung betrauten Dritten zur Verfügung, damit diese die Standorteignungskartierung frühzeitig im Rahmen ihrer Planungen berücksichtigen können.
- 4.2
Die Bodenbilanz soll ergänzend zur Standorteignungskartierung verwendet werden. Dies gilt insbesondere bei Hinweisen auf eine aus den Zeitreihen der Bodenbilanz abgeleiteten überdurchschnittlichen oder unterdurchschnittlichen Flächenumwidmung zu Lasten der Landwirtschaft.
- 5.
- 5.1
- 5.1.1
- 5.1.1.1
Zu den Bewertungskriterien der Standorteignungskartierung zählen insbesondere folgende obligatorische Standardkriterien, die von der Landesanstalt für Landwirtschaft, Ernährung und Ländlichen Raum (LEL) auf Datenbasis automatisiert ermittelt werden:
- –
Ertragsfähigkeit: Der Boden ist die Produktionsgrundlage für die nachhaltige Landwirtschaft. Die Ertragsfähigkeit hängt maßgeblich von der Bodengüte, der Acker- oder Grünlandzahl, ab. Je höher die Bodengüte ist, desto effizienter und ressourcenschonender lässt sich Landwirtschaft auf der Fläche betreiben und desto wertvoller ist diese Fläche daher aus landwirtschaftlicher Sicht.
- –
Hangneigung: Die Hangneigung bestimmt den wirtschaftlichen Erfolg wesentlich mit. Sie setzt der Bewirtschaftung und dem Einsatz von Maschinen und Geräten Grenzen. Entsprechend der Bewirtschaftungserschwernis erfolgt mit zunehmender Hangneigung nutzungsspezifisch eine zunehmende Abwertung der Fluren.
- –
Flächennutzung: Je nach Nutzungsart unterscheidet sich die erzielbare Wertschöpfung je Flächeneinheit oder der erzielbare Deckungsbeitrag je Hektar und damit die landwirtschaftliche Wertigkeit einer Fläche. In aufsteigender Reihenfolge der Wertigkeit werden die Nutzungsarten unterschieden in Grünlandflächen, Ackerlandflächen und Dauerkulturflächen.
- –
Schlaggröße: Größere Schläge lassen sich effizienter und wirtschaftlicher bewirtschaften, beispielsweise aufgrund weniger Wendemanöver und der Möglichkeit, schlagkräftigere Maschinen einzusetzen als bei kleinen Schlägen. Dementsprechend sind Fluren mit großen Schlägen aus landwirtschaftlicher Sicht wertvoller als Fluren mit geringen Schlaggrößen. Somit werden größere Schläge auf- und kleinere Schläge abgewertet.
- –
Tierhaltung: Tierhaltung erhöht die Wertschöpfung je Flächeneinheit. Sie ist mit Investitionen verbunden. Für tierhaltende Betriebe sind landwirtschaftliche Flächen zur Futtererzeugung und zur Ausbringung von Wirtschaftsdüngern im Rahmen eines Nährstoffkreislaufs besonders wichtig. Daher werden Fluren mit zunehmendem Tierbesatz aufgewertet.
- –
Ökolandbau: Zur Umsetzung des Zieles von 30 bis 40 Prozent ökologischer Landbau bis zum Jahr 2030 nach § 17a Absatz 1 LLG kommt dem Ausbau des Ökolandbaus eine gewichtige Rolle zu. Die Vermarktung ökologischer Produkte setzt voraus, dass sie auf Flächen erzeugt werden, die zuvor schon über einen bestimmten Zeitraum ökologisch bewirtschaftet wurden. Die ökologische Bewirtschaftung von Flächen verleiht ihnen also eine zusätzliche Wertigkeit, die in der Flurbilanz durch eine Aufwertung berücksichtigt wird.
- –
Überschwemmungsflächen: Überschwemmungen von landwirtschaftlichen Produktionsflächen führen zu Schäden und Beeinträchtigungen der Flächen sowie in Abhängigkeit des Zeitpunktes zu Ernteausfällen. Berücksichtigt werden die Gebiete, in denen ein Hochwasserereignis statistisch einmal in zehn Jahren zu erwarten ist, bezeichnet als HQ10.
- 5.1.1.2
Neben den Standardkriterien können darüber hinaus weitere regionale Bewertungskriterien zur Feststellung der Einstufung einer Flur hinzutreten. Diese werden von der zuständigen unteren Landwirtschaftsbehörde ermittelt. Zu diesen regionalen Kriterien zählen insbesondere:
- –
Investitionen: Standorte mit hohen flächenbezogenen Investitionen, welche die Wertschöpfung langfristig erhöhen, beispielsweise durch Beregnungsinfrastruktur, sind wie Dauerkulturen mit ihren hohen Investitionssummen und langen Standphasen aus landwirtschaftlicher Sicht besonders wertvoll. Daher können Fluren mit zunehmender Höhe der Investitionssumme und deren Nutzungsdauer aufgewertet werden.
- –
Erschließung oder Arrondierung: Gut erschlossene Fluren mit einem weitreichenden und gut ausgebauten Wegenetz bieten für die landwirtschaftliche Erzeugung eine wichtige Zeit- und Kostenersparnis. Kriterien für ein sehr gut ausgebautes Wegenetz, die zu einer Aufwertung führen können, sind zum Beispiel ein besonders hoher Erschließungsanteil der verschiedenen Schläge sowie ein sehr hoher Anteil breiter und asphaltierter Wege mit hoher Traglast. Umgekehrt können Fluren mit einem besonders schlecht ausgebauten Wegenetz zu einer Abwertung führen. Für außergewöhnlich gut arrondierte Fluren und für hofnahe Weidefluren können ebenfalls Aufwertungen vorgenommen werden.
- –
Flächennachfrage: Eine hohe landwirtschaftliche Flächennachfrage oder hohe landwirtschaftliche Flächenpreise weisen darauf hin, dass die entsprechenden Flächen besonders wichtig für die Landwirtschaft sind. Alternative Flächen sind nur sehr schwierig oder zu einem sehr hohen Preis zu erhalten, sodass hier eine Aufwertung erfolgen kann. Der umgekehrte Effekt tritt bei sehr geringer Nachfrage oder sehr geringen Preisen für landwirtschaftliche Flächen auf, weshalb Abwertungen vorgenommen werden können.
- –
Besondere Einschränkungen der Bewirtschaftung: Landwirtschaftliche Flächen können gegebenenfalls besonderen Bewirtschaftungserschwernissen unterliegen, beispielsweise durch Belastung mit per- und polyfluorierten Chemikalien der landwirtschaftlichen Flächen oder Schwermetallbelastung durch historischen Bergbau, und dadurch deutlich weniger landbauwürdig sein. Die Höhe der Abwertung orientiert sich am Grad der Bewirtschaftungseinschränkung.
- 5.1.1.3
Die LEL stellt für die Standorteignungskartierung im Infodienst Landwirtschaft – Ernährung – Ländlicher Raum ein Handbuch bereit.
- 5.1.2
- 5.1.2.1
Die Bewertung erfolgt mehrstufig auf Ebene der Fluren nach den Bewertungskriterien. Dabei wird für die Einteilung eine Gesamtspanne von Null bis maximal 100 Punkten zugrunde gelegt. Als Ausgangswert der Punktezahl wird die Acker- oder Grünlandzahl verwendet. Durch die Berücksichtigung der weiteren Bewertungskriterien finden gegebenenfalls Punktezuschläge oder Punktabschläge als Aufwertung oder Abwertung statt.
- 5.1.2.2
Für jedes Kriterium wird der gewichtete Mittelwert sämtlicher bewerteter Flächen, die in der betreffenden Flur enthalten sind, ermittelt. Die Bewertung einer Flur ergibt sich aus der Summe der Punkte für die einzelnen Kriterien.
- 5.1.2.3
Entsprechend der finalen Punktezahl werden die Fluren in fünf Wertstufen eingeteilt:
- –
Vorrangflur: besonders landbauwürdige Flächen und Flächen, die wegen ihrer ökonomischen Standortsgunst oder wegen ihrer besonderen Eignung für den Anbau von Sonderkulturen wie zum Beispiel Reben, Obst, Hopfen, Spargel für den Landbau und die Ernährungssicherung unverzichtbar und deshalb zwingend der landwirtschaftlichen Nutzung vorzubehalten sind.
- –
Vorbehaltsflur I: landbauwürdige Flächen und Flächen, die wegen ihrer ökonomischen Standortsgunst für den Landbau wichtig und deshalb der landwirtschaftlichen Nutzung vorzubehalten sind.
- –
Vorbehaltsflur II: überwiegend landbauwürdige Flächen, die der landwirtschaftlichen Nutzung größtenteils vorzubehalten sind.
- –
Grenzflur landbauproblematische Flächen, die bei geringer Ertragsfähigkeit erhöhte Aufwendungen in der Bewirtschaftung erfordern und gerade noch einen kostendeckenden Ertrag erwirtschaften lassen.
- –
Untergrenzflur: nicht landbauwürdige Flächen, die wegen ihrer sehr geringen landwirtschaftlichen Eignung kein positives Ertrags- oder Aufwandsverhältnis ermöglichen.
- 5.1.2.4
Die fünf Wertstufen entsprechen folgenden Punktezahlen:
Wertstufe | Punkte | Beschreibung | Vorrangflur | ≥ 60 | Besonders landbauwürdige Flächen | Vorbehaltsflur I | 45 bis <60 | Landbauwürdige Flächen | Vorbehaltsflur II | 35 bis <45 | Überwiegend landbauwürdige Flächen | Grenzflur | 25 bis <35 | Landbauproblematische Flächen | Untergrenzflur | 0 bis <25 | Nicht landbauwürdige Flächen |
- 5.2
- 5.2.1
Die Bodenbilanz mit Angaben über die Art der Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen dokumentiert den Stand und die Entwicklung der landwirtschaftlichen Flächennutzung in Baden-Württemberg auf Basis verfügbarer statistischer Daten. Die Bewertungstiefe orientiert sich dabei am vorhandenen Datenbestand. Die Darstellung differenziert insbesondere nach
- –
Nutzungsarten: Siedlung, Verkehr, Vegetation, Gewässer;
- –
Vegetation: Landwirtschaft, Wald, Gehölz, Heide, Moor, Sumpf, Unland oder Vegetationslose Fläche;
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Landwirtschaft: Ackerland, Grünland, Gartenland, Weingarten, Brachland;
- –
Kulturarten und Nutzungsarten im Bereich der landwirtschaftlichen Hauptnutzungsarten;
- –
landwirtschaftlichen Flächen in Schutzgebieten und besonderen Kulissen und
- –
Wertstufen der Flurbilanz.
- 5.2.2
Darüber hinaus sollen in der Bodenbilanz ergänzende Sachverhalte dargestellt werden, die zum Verständnis der Situation der Nutzung landwirtschaftlicher Flächen beitragen, wie
- –
Entwicklungen auf dem landwirtschaftlichen Bodenmarkt,
- –
landwirtschaftliche Flächen mit besonderen Einschränkungen der landwirtschaftlichen Nutzung wie schadstoffbelastete Flächen oder
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besondere Investitionen wie Flächen mit Beregnungsinfrastruktur.
- 6.
Das Ergebnis der Standorteignungskartierung ist in Kartenform öffentlich zugänglich. Die Bodenbilanz ist öffentlich zugänglich. Die Publikation erfolgt durch die LEL im Infodienst Landwirtschaft – Ernährung – Ländlicher Raum.
- 7.
Diese Verwaltungsvorschrift tritt am 1. April 2022 in Kraft und am 31. Dezember 2027 außer Kraft.
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Verwaltungsvorschriften der Länder
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